MEP.de2020 – Das etwas andere MEP

Wie bei so vielem in diesem Jahr, stellte die Pandemie auch die Pläne für das Modell Europaparlament (MEP), völlig auf den Kopf!

Alternativen für ein Projekt, dessen Herzstück die persönliche Begegnung und das Miteinander junger Europäer aus ganz Deutschland und europäischen Nachpaarländern im Berliner Bundesrat ist, zu finden, schien lange schwierig. Als im Laufe des Jahres immer klarer wurde, dass das MEP in seiner herkömmlichen Form nicht stattfinden wird, mussten letztlich digitale Konzepte erarbeitet werden. Im Dezember war es dann soweit: vom 5.-13.Dezember 2020 fand das erste digitale MEP Germany statt.

Ein Höhepunkt war sicherlich das Gespräch mit der überzeugten Vollbluteuropäerin und Vizepräsidentin des europäischen Parlaments, Katarina Barley.

Im Mittelpunkt des MEP standen aber die Debatten der Jugendlichen zu den sieben Ausschussthemen: Dabei gingen die Delegierten in ihrer Rolle als Parlamentarier vollkommen auf. Sie appellierten an die Verantwortung als Europäer, stritten für den Aufbau einer europäischen Jugendinitiative und fragten sich, ob die Umstellung auf erneuerbare Energien genauso viele Arbeitsplätze schaffe wie der Ausstieg aus den Kohleverstromung koste. 

Es war eine positive europäische Woche. Während sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs auf den kommenden Siebenjahreshaushalt der EU und den damit verknüpften Rechtstaatsmechanismus verständigen konnten, hatten 100 Jugendliche die Chance, frische europa-politische Luft zu schnuppern und dank Katarina Barley ein Gefühl für Europa zu entwickeln.  

Doch nicht nur in Deutschland musste man beim MEP umdenken, auch international konnten keine MEPs mehr stattfinden. So musste einer unserer erfolgreichen Schüler des letzten Jahrgangs, Jonas Ferel, seine Reise nach Stockholm ebenfalls mit dem Bildschirm tauschen. Hier sein Bericht.

Das digiMEP 2020

Statt einer Woche in Stockholm mit etwa 150 anderen Schüler*innen aus ganz Europa verbrachten wir dreieinhalb Tage in ZOOM – jeder aus seinem eigenen Wohnzimmer zugeschaltet.

Das Modell Europa Parlament (MEP) ist ein Planspiel, bei dem Schüler*innen der Oberstufe das Europäische Parlament simulieren. In Deutschland findet einmal jährlich das 6-tägige MEP in Berlin statt, bei dem ich im Januar 2019 mit 165 weiteren Schüler*innen teilgenommen hatte. Im Zentrum des Projekts stehen Diskussionen über aktuelle politische Themen in verschiedenen Ausschüssen (zusammengesetzt aus Delegierten und Ausschussvorsitzenden), in denen jeweils eine Resolution erarbeitet wird, die schließlich im Bundesrat mit allen Delegierten debattiert wird. Daneben gibt es kulturelle und soziale Aktivitäten.

Ein vergleichbares Planspiel findet in vielen europäischen Staaten statt. Dabei hat jeder als Delegierter die Möglichkeit, sich für ein internationales MEP (iMEP) oder genauer europäisches MEP  zu qualifizieren, was ich geschafft habe. Das iMEP läuft prinzipiell gleich ab wie das nationale MEP, allerdings in englischer Sprache und mit dem Unterschied, dass dort aus nahezu jedem europäischen Land fünf Schüler*innen teilnehmen und der Austragungsort eine wechselnde europäische Stadt ist. So war ich im November 2019 für eine Woche in Malta. Dort wurde ich aufgrund meiner  herausragenden Arbeit im Ausschuss als Ausschussvorsitzenden bei einem internationalen MEP nominiert, das eigentlich in Stockholm stattfinden sollte.

Doch das war so ganz anders als meine bisherigen MEPs. Von Donnerstagabend bis Sonntagnachmittag hieß es: Anzug anziehen, vor den Laptop setzen und über ZOOM oder Microsoft Teams mit anderen engagierten Schüler*innen aus ganz Europa diskutieren, sich unterhalten und Spaß haben – das digiMEP 2020 unter dem Motto „Innovation. Sustainability. Development.“. Neben Diskussionen über politische Themen im Plenum und in den Ausschüssen, von denen ich den Umwelt-Ausschuss mit der Frage nach der Meeresverschmutzung leitete, gab es auch sozialkulturelle Teile.

Zum Beispiel hatte jede Delegation ein Video über das eigene Land erstellt, das allen gezeigt wurde. Daneben wurde ein Video eines ABBA-Songs von jeder Delegation präsentiert, die nach dem Vorbild des Eurovision Song Contests von allen Delegationen bewertet und die Sieger gekürt wurden: Spanien und die Niederlande beeindruckten mit ihrer Performance. Außerdem gab es einen Ausschuss-Wettbewerb, bei dem wir schwedische Traditionen kennenlernten und in einem knappen Kopf-an-Kopf-Rennen hat mein Ausschuss gewonnen.

Aber auch die Diskussionen und Debatten klappten per Videokonferenz besser als ich vorher angenommen hatte. Trotz des einen oder anderen technischen Problems war die Arbeitshaltung sehr fokussiert und kompromissorientiert. Nicht zuletzt wurde unsere schlüssige Resolution vom Plenum angenommen.

Insgesamt war dieses besondere iMEP aus meiner Sicht ein großer Erfolg. Natürlich ist es kein Vergleich zu einem richtigen iMEP wie in Malta vor einem Jahr und ganz wesentliche Aspekte des Kulturellen und Sozialen gehen verloren. Dennoch hat mir das Planspiel wieder sehr viel Spaß gemacht und die digitale Lösung fand ich definitiv besser, als wenn es ganz ausgefallen wäre.

Jonas Ferel, Q3e